Hallo Alice. Ja ich weiß, das ist nicht dein Name, aber er ist so gut wie jeder andere. Außerdem haben wir keine Zeit uns hier über Namen zu unterhalten. Wir müssen los. Immer weiter und weiter. Unaufhaltsam. Tick tack, tick tack. Bist du bereit mit mir zu kommen, Alice? Bereit hinter den Spiegel zu treten und in die tiefsten Tiefen des Hasenbaus vorzudringen? Dann schnall dich lieber nicht an, sonst kommst du ja nicht voran. Und denk immer daran, wir haben keine Zeit.
Alles was wir haben ist Zeit. Zeit ist unsere Währung.
Zeit ist Geld. Zeit ist relativ. „Bei der Zeit, wahrlich, der Mensch ist im
Verlust.“ Was ist eigentlich Zeit? Für diese Frage haben wir auch keine Zeit!
Zeit ist einfach da. Wir werden von ihr mitgerissen, mehr brauchst du nicht
wissen, kleine Alice. Manchmal fließt sie schneller, manchmal langsamer.
Manchmal erscheint uns ein Jahr wie zwei Tage und nur eine Nacht wie eine
Unendlichkeit. Erinnerst du dich an diese Nächte, Alice? Erinnerst du dich an
die Stunden die wie Sekunden vergingen und die Sekunden die länger als
Jahrzehnte andauerten. tick Ich kann mich noch daran erinnern. tack Alles
vorbei.
Weiter, weiter, wir haben keine Zeit.
Weiter, weiter, wir haben keine Zeit.
Mach die Augen auf, Alice! Schau dich um. Siehst du es?
Erkennst du es? Sieh in den Spiegel! Und nein hab keine Angst, denn das was du
siehst, das bist du wirklich. Berühr ruhig die kalte, glatte Oberfläche, wenn
du es nicht lassen kannst. Aber was du auf jeden Fall tun solltest ist
hineinschauen. Was siehst du? Liar, liar, pants on fire Ich sage es dir, du
siehst dich selbst. Siehst dich durch die Zeit hindurch. Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft, alles verschwommen in einem einzigen Bild, in einer
einzigen Reflektion. Hört endlich auf mit den verdammten Anagrammen! Gefällt
dir, was du siehst? Mr. Chichi Rime ,Whaler Denk an jeden erdenklichen
Augenblick zurück und du wirst ihn sehen können. Ich sagte hört auf damit! Ein kleines Kind, was tut es, Alice? Spielen? Tanzen und singen? Es spielt
keine Rolle, es ist Vergangenheit. Lichee Bighead, Bitch Der graue Nebel? Das
müsste deine Zukunft sein, sieh doch genauer hin. Man erkennt nur eine leichte
Silhouette, so ist das halt mit der Zukunft. Hast du Angst, Alice? Was soll
das überhaupt bedeuten? Wer sind diese Leute? Hab keine Angst vor der Zukunft.
Es wird eh nichts daran ändern. Thud Schmaltzier, Vet Sieh lieber auf dein
jetzt und das, was davor lag. Du hast Fehler gemacht, oder? Den kenne ich
tatsächlich, ein sehr guter Freund von mir Dein Spiegelbild weint, warum tust
du es nicht? Weißt du etwa nicht, was geschehen ist? Less Childbirth Seizure Du solltest es wissen. Schau in den Spiegel, schau in dich selbst. So langsam
wird es absurd, aber ihr habt recht Sei ehrlich zu dir selbst. Wir müssen
tiefer. Wir haben keine Zeit.
Warst du schon einmal in einem Zoo, Alice? All diese
Tiere, eingesperrt zum Vergnügen anderer Tiere. Artenschutz. Forschung.
Artgerechte Haltung. Gefängnisse sage ich dir, nichts weiter als Gefängnisse.
Aber vielleicht auch ein Sicherer Ort. Ein Schutz vor dem schlimmsten aller
Raubtiere. Ein Schutz vor dem Menschen. Der Mensch schützt die Tiere vor sich
selbst. Ist das unsere Bestimmung? Müssen wir immer andere vor uns selbst
schützen?
Ich war einmal in einem Zoo. Damals als die Sonne noch
schien und ich noch Hüte getragen habe. Damals, als ich noch lächeln konnte.
Ich kann auch jetzt lächeln, so ist es nicht, aber damals, damals war es
sorgenfrei. Damals. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Ich stand bei
den Orang Utans. Und da saß dieser riesige alte Affe und schaute zu mir
hinüber. Ich ging auf ihn zu und stellte mich vor ihn. Nur eine Glasscheibe
trennte uns voneinander. Ich schaute ihm in die Augen und er schaute in
meine und wir beide hoben eine Hand und legten sie an das kalte, glatte Glas. Im
Nachhinein fragte ich mich, wer eigentlich wen beobachtet hat.
Tick tack, Alice. Die Zeit ist uns ständig im Nacken.
Doch hab keine Angst. Angst brauchen wir hier im Wunderland nicht. Angst lässt
uns nur Fehler begehen und falsche Entscheidungen treffen. Angst. Ich dachte
wenn mein Leben auf dem Spiel stünde, sollte ich Angst verspüren. Doch als die
Herzkönigin meinen Kopf haben wollte, als ich dort auf dem Boden lag mit einem
Beil über meinem Nacken, da streckte ich die Hand nach ihr aus. Nein, keine
Angst. Angst verspüren wir nicht bei schlechten Sachen, wie auch, wo das doch unsere
Natur zu sein scheint. Hier im Wunderland sind wir nicht alle verrückt, wir
sind einfach nur schlecht. Wenn uns schlechtes widerfährt, dann können wir es
bis ins kleinste Detail verstehen. Es wird berechenbar. Nein, Angst verspüren wir
bei den guten Sachen. Wir haben Angst davor, wenn uns jemand Hilft, weil wir
nicht wissen können, was er dafür von uns verlangen wird. Wir haben Angst
davor, wenn jemand ehrlich zu uns ist, weil wir es nicht glauben können. Wir
haben Angst, wenn auf einmal jemand vor uns steht, der tatsächlich nur für uns da
ist. Verstehst du das? Man kann alle Sachen in diesem Leben mit einer Absicht
machen, mit einem eigenen Gewinn koppeln. Aber es soll tatsächlich auch
selbstlose Menschen geben. Glaubst du das, Alice? Es soll Menschen geben, die
einem Helfen ohne etwas dafür zu erwarten. Diese Menschen mögen wir nicht, denn
sie erscheinen uns nicht glaubhaft, nicht real. Nein, nein, wir verurteilen
lieber alle Menschen. In unseren Augen ist jeder Mensch schuldig eigennützige
Absichten zu haben. Und wenn der Hammer erst einmal gefallen ist, nun ja, ab
mit dem Kopf!
Ja so ist das mit der Angst. Ich habe Angst vor dem Meer.
Habe Angst davor weit und breit kein Land zu sehen und unter mir diese endlose
Tiefe zu haben. Und doch habe ich keine Angst vor dem Himmel. Ich schaue nachts
hinauf in diese endlose Weite und bin fasziniert davon. Angst.
Wovor hast du Angst, Alice?
Ah, distinctly I
remember it was in the bleak December,
And each separate
dying ember wrought its ghost upon the floor.
Eagerly I wished the
morrow; - vainly I had sought to borrow
From my books surcease
of sorrow - sorrow for the lost Lenore -
For the rare and
radiant maiden whom the angels name Lenore -
Nameless here for evermore.
Du hast eine kleine Narbe am Rücken, Alice, ich habe es
geliebt sie zu berühren, sie mit dem Finger zu streicheln und sie zu küssen.
Manchmal brauchen wir nur etwas Kleines um uns der Realität bewusst zu sein.
Dies ist meine Kleinigkeit.
Realität. Schönes Wort. Schönes Konzept. Aber am Schluss
erweist sie sich doch als etwas Subjektives. Etwas, das niemals ultimativ sein
kann. Es sei denn, wir haben einen ultimativen Betrachter, Alice, einen Beobachter
über Raum und Zeit, allwissend und allmächtig. Dann hätten wir auch die
ultimative Realität, die ultimative Wahrheit.
Zeit aufzuwachen kleine Alice. Zeit das Wunderland zu
verlassen. Deine Metamorphose ist abgeschlossen, du warst die Königin der
Herzen und hast dich in die Herzkönigin verwandelt. „Ab mit dem Kopf!“ Ich
hoffe du bist glücklich mit dem Ausgang. Ich? Ich werde langsam verschwinden.
Mich langsam in Luft auflösen, aber keine Sorge, vielleicht bleibt ja mein
Grinsen für dich zurück. Und wenn nicht das, dann lasse ich dir wenigstens ein
Lächeln da.
Leb wohl Alice!