Dienstag, 13. Juni 2023

Texte und andere schöne (Dinge)

 





Stell dir vor, wir sitzen uns gegenüber am Tisch. Nur du und ich, die Welt herum braucht nicht zu existieren, nur wir, wie wir uns gegenseitig anschauen. Ich könnte mich in deinen Details verlieren, stattdessen lenke ich meine Sicht auf die Tischplatte.
Der Tisch ist mal aus Glas, mit einer unebenen Oberfläche, die sich unter meinen Fingerkuppen wie eine fremdartige Welt anfühlt, dann besteht er aus Plastik, mit einer dieser rot, weiß karierten Vinyl Tischdecken, die sich leicht ölig anfühlt. Für einen Augenblick spüre ich die Sonne im Gesicht, wie sie nur im Urlaub scheint.
Ich schaue dich an, greife in meine Brust und nehme das heraus, was darin schlägt. Behutsam lege ich mein Herz auf das dunkel lasierte Holz vor dir

So nicht.


Im Auto sprach ich von Leidenschaft.
Ich sitze am Steuer, auf die Straße vor mir konzentriert, erzähle ich, wie wichtig Leidenschaft für mich ist. Ich fühle mich sicher. Das gute Gefühl der letzten Tage hallt noch in mir nach, Endorphine, die noch nicht zurück in ihre Synapsen gefunden haben und den intrazellulären Raum unsicher machen. Doch über allem fühle ich mich sicher.

Auch so nicht.


Eines Morgens wachte ich auf und war gestorben. Einfach so. Über den Tag hinweg brachte ich mich auf unzählige weitere Arten um. Unter anderem mein Taschenmesser, ein Pinsel, der Rhein und eine viel befahrene Straße. Ein ganz normaler Tag in einem Zeitraum, der von Dunkelheit gefüllt ist.
Ich lache in solchen Episoden, rede mit Menschen und unternehme sogar etwas mit ihnen. Doch wird diese Zeit immer von einer verzerrten Wahrnehmung dominiert. Oder eher von einem Mangel an Wahrnehmung, denn oftmals verliere ich mich in den Details, in der Verzweiflung und Ausweglosigkeit und sehe nicht alles Andere drum herum.
Manchmal laufe ich einfach weg, wenn ich eigentlich bleiben sollte.


Der Tisch ist eine rote Tür. Ich öffne sie und schaue auf mich hinab, wie ich auf mich hinauf schaue.


Ich stehe bei Minustemperaturen auf einem Berg und fotografiere den Himmel. Ich sitze im Auto und fahre quer durch Deutschland, um ein Gedicht vorzutragen. Ich stehe um drei Uhr nachts vor einer Leinwand und male ein Selbstportrait. Ich sitze im Keller und poliere Bremshebel für mein Fahrrad. Ich stehe am 3D-Drucker und verbrenne mir die Finger an der 200°C heißen Düse.

Ich lebe, und so zeige ich es. Ich liebe, und doch.


Stell dir vor, wir sitzen uns gegenüber am Tisch und reden.


Mit dir kann ich lachen
Völlig ungezwungen und frei
Sein
Mit dir fühle ich
Und obendrauf fühle ich mich
Gut
Mit dir ist die Welt
Auch voller Farbe
Aber keine, die fremd wirkt
Angenehm und vertraut
So wie du

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